Welcher Berechnungszeitraum ist für die Bemessung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit für Ihre Einrichtung maßgeblich? Wurde in der Anlage 2 eine andere wöchentliche Arbeitszeit festgelegt? Hat ein Arbeitsnehmer, wenn er dienstplanmäßigen „Frei“ hat und dieses „Frei“ mit einem Kollegen in einen Spätdienst tauscht, Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er in der getauschten Dienstzeit erkrankt?

Sehr geehrte Damen und Herren der MAV, nachdem ich mich mit Ihren Anliegen vertiefend beschäftigen konnte, ist es mir nunmehr  möglich auf einzelne Fragebereiche inhaltlich einzugehen.

Zum Fragekomplex 1

Welcher Berechnungszeitraum für die Bemessung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit für Ihre Einrichtung maßgeblich ist, können Sie dem Vermittlungsspruch des erweiterten Vermittlungsausschusses der Regionalkommission Ost der Arbeitsrechtlichen Kommission vom 12.12.2011, veröffentlicht im Amtsblatt, Juli 2012, entnehmen. Dort heißt es in der Anlage 33 (Besondere Regelungen für Mitarbeiter im Sozial- und Erziehungsdienst):

 § 2 Regelmäßige Arbeitszeit 

(1) Die regelmäßige Arbeitszeit für Mitarbeiter beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 39 Stunden wöchentlich. Abweichend davon beträgt die regelmäßige Arbeitszeit für Mitarbeiter im Gebiet der neuen Bundesländer…, durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich. Die regelmäßige Arbeitszeit kann auf fünf Tage, aus notwendigen dienstlichen oder betrieblichen Gründen auch auf sechs Tage verteilt werden. 

(2) Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr zugrunde zu legen. Abweichend von Satz 1 kann bei Mitarbeitern, die ständig Wechselschicht- oder Schichtarbeit zu leisten haben, ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden.

Somit bedeutet dies für Sie, dass Ihre Überlegung („innerhalb einer Bewertung von 13 Wochen muss im Durchschnitt eine wöchentliche Arbeitszeit von 39 Stunden erreicht werden“) nicht der AVR Regelung entspricht. In Ihrer Einrichtung ist ein Zeitraum von bis zu einem Jahr für die Berechnung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit zugrunde zu legen.Diese o.g. Regelung weist grundsätzlich nur aus, wie hoch die wöchentliche Arbeitszeit eines, in Vollzeit beschäftigten, Mitarbeiters liegt (i.d.F. 39 Stunden) und welcher Berechnungszeitraum hierfür herangezogen werden soll. 

Da ich nicht bei den Fortbildungsveranstaltungen von Herrn Bartels anwesend war, interpretiere ich Ihre Aussagen und Erinnerungen an die besagten Seminare, unter Hinzuziehung eines Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2013, 6 AZR 800/11, und einem Artikel aus dem AK Magazin, Nummer 45, Seite 6 und nehme hierzu wie folgt Stellung. Aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zieht die Mitarbeiterseite der AK folgende Schlüsse:

Wenn der Dienstgeber einen „Bemessungszeitraum für die Arbeitsschichten“ (Dienstplan) festlegt und dies erfolgt in den meisten Einrichtungen pro Monat, so ist der Bemessungszeitraum für die Berücksichtigung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit auch für diesen (Monats-) Zeitraum zugrunde zu legen und nicht den, wie im § 2 (2) beschriebenen Zeitraum („…von bis zu einem Jahr“). Daraus schließt die Mitarbeiterseite der AK, dass überschreitende und unterschreitende Stunden innerhalb des Bemessungszeitraums (Dienstplan) ausgeglichen werden müssen. Ansonsten werden überschreitende Stunden zuschlagspflichtige Überstunden und beim Unterschreiten von Stunden können diese nicht in den Folgemonat übernommen werden. Was in der Konsequenz bedeutet: 

  • Liegt die planmäßige Ist-Stundenzahl über der Soll-Stundenzahl innerhalb eines Bemessungszeitraums, so sind die entsprechenden (Überstunden-)Zuschläge zu zahlen. Bei Teilzeitbeschäftigten werden jedoch die Zuschläge erst berücksichtigt, wenn die Mehrarbeitsstundenanzahl ausgeschöpft wurde. Dies ist dann der Fall, wenn der Teilzeitbeschäftigte mehr Stunden dienstplanmäßig tätig war, als es die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit eines Vollbeschäftigten regelwerkskonform verlangt (39 Stunden in der Woche).   
  • Liegt die planmäßige Ist-Stundenzahl unter der Soll-Stundenzahl innerhalb eines Bemessungszeitraums, so befindet sich der Dienstgeber im Annahmeverzug. Dies bedeutet, der Arbeitnehmer ist zu entlohnen, als ob er die notwendigen Stunden tatsächlich erfüllt hätte.   

Zu Frage 2

Meines Erachtens behandelt die Anlage 2 die Vergütungsgruppen. In dieser Anlage wird die wöchentliche Arbeitszeit nicht nochmals anders geregelt, als in Anlage 33. Daher habe ich Ihre Frage zur Wochenarbeitszeit in Verbindung mit Anlage 2 zu den AVR nicht verstanden. Die AVR erwirkt ihre Anwendbarkeit nach „Inkraftsetzung“ durch den Gesetzgeber, i.d.F. durch den Erzbischof von Berlin verbunden mit der Veröffentlichung im Gesetzesblatt i.d.F. „Amtsblatt des Erzbistums Berlin“. Für welche Berufsgruppen welche Arbeitsbedingungen gelten bzw. anzuwenden sind, ist ebenfalls dem jeweiligen Gesetz (AVR und Regionalkommissionsbeschlüsse) zu entnehmen. Grundsätzlich ist in Ihrem Bereich die AVR anzuwenden – jedoch unter Berücksichtigung von Beschlüssen der zuständigen Regionalkommission oder unter Berücksichtigung von Ergebnissen eines eingesetzten Vermittlungsausschusses (Letzter Beschluss: 17.12.2013, Amtsblatt Mai 2014).

Zu Frage 3

Wenn auch die vorherigen Fragen eine Gradwanderung zwischen Individualarbeits- und Kollektivarbeitsrecht waren und ich diese dann so bewertet habe, dass ein Beratungsanspruch besteht, so kann ich kein kollektivrechtliches Interesse bezüglich der letzten Fragen erkennen. Inwiefern liegt ein kollektivrechtlicher Klärungsbedarf vor, wenn Arbeitnehmer, die aus ihrem dienstplanmäßigem Frei sich bereit erklären, für einen erkrankten Kollegen einzuspringen und vor oder während der Tätigkeitsaufnahme nunmehr erkranken? 

Für den Fall, dass der Dienstgeber beiden Mitarbeitern im Rahmen der Entgeltfortzahlung die zustehende Entlohnung zahlt, gibt es kein Rechtsproblem. Zahlt der Dienstgeber jedoch einem der erkrankten Mitarbeiter kein Entgelt – so wie es das Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt hat -, erwächst ein individualarbeitsrechtliches Problem, dass der Mitarbeiter unter Hinzuziehung eines Anwaltes mit dem Dienstgeber klären muss. 

Grundsätzlich legt der Dienstgeber unter Nutzung des Weisungs- oder Direktionsrechtes fest, wann die Vertragspartner (Mitarbeiter) die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung erbringen sollen. Durch die Mitbestimmungsmöglichkeiten nach MAVO und die gesetzlichen Schutzbestimmungen (Arbeitszeitgesetz, Teilzeit- und Befristungsgesetz u.a.) wird das Direktionsrecht eingeschränkt. Wenn der Dienstgeber nach Erstellung und Aushang des Dienstplanes den "Diensttausch" von Mitarbeitern duldet, trägt er natürlich auch die damit verbundenen Risiken, dass nach Tausch von Diensten die Mitarbeiter vor oder während des eingesprungenen Dienstes erkranken.



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