Informationen für kirchlich Beschäftigte im Falle eines Betriebsübergangs! Im Rahmen eines gemeinsamen Gespräches mit dem Dienstgeber haben wir davon erfahren, dass er beabsichtigt, die Servicegesellschaftsmitarbeiter in unserer Einrichtung zu übernehmen. Nunmehr fragen uns die Kollegen aus der Servicegesellschaft an, worauf zu achten sei. Auch wir wissen nicht wie wir uns als MAV verhalten sollen und bitten um Unterstützung.

Der Verkauf eines Betriebs durch einen Arbeitgeber hat zunächst keinen Einfluss auf die Arbeitsverhältnisse der im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter. Diese sind nicht das Eigentum des Arbeitgebers, sodass sie nicht in den Vorgang involviert sind.

Die Rechte des Arbeitgebers an „seinem“ Betrieb und die bestehenden Arbeitsverträge stellen zwei verschiedene Rechtspositionen dar. Hieraus folgt, dass die in dem verkauften Betrieb beschäftigten Mitarbeiter nach wie vor denselben Arbeitgeber hätten, wobei dieser sie aufgrund der Veräußerung seines Betriebs nicht mehr beschäftigen könnte. Demzufolge wäre er dazu berechtigt, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Um die für den Mitarbeiter nachteilige Folge eines Betriebsübergangs zu verhindern, ordnet das Gesetz an, dass der neue Betriebsinhaber in alle Rechte und Pflichten der zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt. Ein Betriebsübergang bedingt demnach einen gesetzlich angeordneten Wechsel des Arbeitgebers, während das Arbeitsverhältnis im Übrigen in seiner bestehenden Form fortbesteht. Die wesentlichen gesetzlichen Regelungen bezüglich der Konsequenzen eines Betriebsübergangs sind in § 613a BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) festgehalten.

„§ 613a [Betriebsübergang]
(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Mitarbeiter und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Mitarbeiters geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Mitarbeiter vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr  nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitarbeiters durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Mitarbeiter vor dem Übergang in Textform zu unterrichten
–  über den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
–  den Grund für den Übergang,
–  die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Mitarbeiter und
–  die hinsichtlich der Mitarbeiter in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Mitarbeiter kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.“

1. Sinn und Zweck des § 613a BGB
Die Intention des § 613a BGB besteht in der Kontinuität des Individualarbeitsverhältnisses unter Beibehaltung der bisherigen Konditionen. § 613a BGB stellt eine Schutzvorschrift zugunsten der Mitarbeitenden dar, welche bei einem Inhaberwechsel des Betriebs oder Betriebsteils durch Rechtsgeschäft Anwendung findet. Die Vorschrift definiert die Konsequenzen für die Mitarbeitenden, die in dem zu veräußernden Betrieb oder Betriebsteil tätig sind.

§ 613a BGB verfolgt drei Schutzzwecke:
a) Kündigungsschutz:
Es ist von essenzieller Bedeutung, dass der Verlust des bisherigen Arbeitgebers nicht mit dem Verlust des Arbeitsplatzes einhergeht. Das Arbeitsverhältnis, welches zwischen dem Mitarbeiter und dem ehemaligen Betriebsinhaber bestand, geht demnach grundsätzlich auf den neuen Betriebsinhaber über. Diese Regelung findet jedoch keine Anwendung, sofern der Arbeitnehmer den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber ablehnt und Widerspruch einlegt. Der Schutzzweck der Regelung manifestiert sich in einem ausdrücklichen Kündigungsverbot wegen des Betriebsübergangs. Gemäß § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitarbeiters durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam.

b) Aufrechterhaltung der kollektivrechtlich geregelten Arbeitsbedingungen
Die bisherigen geschlossenen Betriebsvereinbarungen sowie über Jahre entstandene betriebliche Übungen behalten auch im neuen Betrieb ihre Gültigkeit, bis neue Regelungen getroffen wurden oder alte Regelungen gekündigt werden.

c) Kontinuität der kollektivrechtlichen Vertretung (MAV/Betriebsrat)

2. Betriebsübergang nach § 613a BGB

Der Wortlaut des § 613a BGB setzt voraus, dass ein „Betrieb oder Betriebsteil“ übergeht. Die Rechtsprechung definiert diese Begriffe nicht, sondern stellt die „wirtschaftliche Einheit“ in den Vordergrund. Die EU-Richtlinie (RL 77/187/EWG, geändert durch RL 98/50/EG), welche als Grundlage für § 613a dient, definiert den Betriebsübergang als „Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit“.

Diese Auffassung wird von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sowie des Bundesarbeitsgerichts (BAG) weitgehend geteilt. Der Begriff der „wirtschaftlichen Einheit“ wird vom EuGH als eine organisierte Gesamtheit von Personen und Sachen definiert. Für einen Betriebsübergang ist es demnach ausreichend, dass die Einheit lediglich aus Mitarbeitern besteht. Ein wesentlicher Unterschied zur langjährigen nationalen Sichtweise des BAG besteht darin, dass für einen Betriebsübergang nach Auffassung des EuGH die Übertragung sächlicher oder immaterieller Betriebsmittel nicht erforderlich ist. Für den EuGH kommt es vielmehr auf die tatsächliche Fortführung des Betriebs an.

Prüfungskriterien

Die erforderliche „wirtschaftliche Einheit“ ist auf Basis diverser Kriterien im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu evaluieren. Die Frage, ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand des Betriebs als organisierte Gesamtheit gegeben ist, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten, sondern muss jeweils im Einzelfall beurteilt werden. In diesem Zusammenhang ist eine Berücksichtigung sämtlicher den betreffenden Vorgang kennzeichnender Tatsachen erforderlich. In Übereinstimmung mit den Vorgaben des EuGH sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  • Die Art des Unternehmens (Betriebes)
  • Der (Nicht-) oder Übergang der materiellen Betriebsmittel (Gebäude, bewegliche Güter)
  • Die Belegschaft, insbesondere die Führungskräfte, sollte durch den neuen Inhaber übernommen werden.
  • Die Kundschaft und Lieferantenbeziehungen sollten ebenfalls aufrechterhalten werden.
  • Die Ähnlichkeit der Tätigkeit vor und nach dem Übergang sollte möglichst hoch sein.
  • Eine eventuelle Unterbrechung der Tätigkeit sollte möglichst kurz ausfallen.

In Abhängigkeit von der konkret ausgeübten Tätigkeit sowie den im Unternehmen etablierten Betriebsmethoden variiert die Relevanz dieser Kriterien. In einer Klarstellung des EuGH aus dem Jahr 1997 wurde festgestellt, dass eine wirtschaftliche Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden darf. Die wirtschaftliche Identität des Betriebs manifestiert sich zudem in weiteren Merkmalen wie dem Personal, den Führungskräften, der Arbeitsorganisation, den Betriebsmethoden sowie gegebenenfalls den zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. In Branchen, in denen die menschliche Arbeitskraft von essenzieller Bedeutung ist, kann eine Gesamtheit von Mitarbeitern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen.

Dies ist der Fall, wenn der neue Inhaber nicht nur die bisherige Tätigkeit fortführt, sondern einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte. In diesem Fall sind die Mitarbeiter das „Substrat“, welches dem Übernehmer die Weiterführung des Betriebs ermöglicht. Insbesondere im Bereich der Dienstleistung hat der EuGH bestätigt, dass eine wirtschaftliche Einheit auch ohne relevante materielle oder immaterielle Betriebsmittel vorliegen kann.



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