Fronleichnamstag Die Thematik der kirchlichen Feiertagsregelung kommt bedauerlicher Weise alle paar Jahre auf die Agenda der Kostenreduzierungsmaßnahmen kirchlicher Dienstgeber.

Fall 1.
In Ihrem beschriebenen Fall kann ich auf eine „Dienstregelung für katholische Feiertage und bestimmte Gedenktage“ des „Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.“, vom 18.09.1997, gezeichnet vom Caritasdirektor Franz-Heinrich Fischler, verweisen.

Unter der Ordnungsnummer 1. der o.g. Dienstregelung heißt es:
Für Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V. gilt der Fronleichnamstag als Feiertag im Sinne des § 2 Abs. 3 Anlage 5 AVR. Es erfolgt an diesem Tag eine Arbeitsfreistellung unter Fortzahlung der Dienstbezüge ohne Vor- bzw. Nacharbeit.

Auch wenn in der Dienstregelung auf eine einvernehmliche Regelung mit der damaligen MAV verwiesen wurde, handelt es sich m. E. nicht um eine Dienstvereinbarung im Sinne des § 38 MAVO. Eine Dienstvereinbarung zur Handhabung von Feiertagen war im § 38 MAVO zum damaligen Abschlusszeitpunkt nicht möglich (damalige Rechtsgrundlage: MAVO für das Erzbistum Berlin von 1996). Auch die derzeitige MAVO lässt eine solche Vereinbarung nicht zu. Somit handelt es sich bei der o.g. Dienstregelung um ein schriftlich angekündigtes, wiederholendes gleichförmiges Verhalten des Dienstgebers, das zu einem rechtlichen Anspruch auf das Verhalten führt. Dies bezeichnet man als „betriebliche Übung“. Die betriebliche Übung ist gesetzlich nicht geregelt, aber gewohnheitsrechtlich anerkannt.
Begründet wird das Rechtsinstitut einerseits mit dem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Vertrauenstheorie. Im Bereich des kirchlichen Dienstes erhält diese einen höhere Stellungsbewertung, auf Grund der kirchlichen Erklärung zur Dienstgemeinschaft), andererseits wird das mehrmals gleichartige Handeln des Arbeitgebers als ein Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrages angesehen, dass der Arbeitnehmer durch das widerspruchslose Weiterarbeiten akzeptiere.

Gegenstand der betrieblichen Übung kann grundsätzlich alles sein, was auch Gegenstand der Arbeitsverträge ist. In diesem Fall die bezahlte Freistellung aufgrund eines hohen kirchlichen Feiertages.
Durch die betriebliche Übung erhält der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Leistung, wenn der Arbeitgeber mehrmals vorbehaltlos eine Leistung gewährt hat.
Sie kann laut Bundesarbeitsgericht (BAG) auch eine für den Arbeitgeber nachteilige Regelung herbeiführen (verschlechternde betriebliche Übung).

Voraussetzung ist immer:

  • vorbehaltlose Handlung
  • regelmäßige Wiederholung.

Beide Voraussetzungen sind im Fall der Fronleichnamsregelung erfüllt.

Wie oft die Handlung gleichförmig wiederholt werden muss, damit sie als betriebliche Übung angesehen werden kann, ist nicht einheitlich bestimmt. In der Regel wird ein dreimaliges, gleichförmiges Verhalten des Arbeitgebers als bindend angesehen. Der Arbeitgeber kann sich jedoch, um dem zu entgehen, die Freiwilligkeit seiner Leistung ausdrücklich vorbehalten (Freiwilligkeitsvorbehalt).

Da in Ihrem geschilderten Fall über mehr als drei Jahre hinweg ohne Freiwilligkeitsvorbehalt die Mitarbeiter am Fronleichnamstag vom Dienstgeber, unter Fortzahlung der Bezüge, freigestellt wurden, haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V. auch in den folgenden Jahren einen Anspruch darauf.

Eine betriebliche Übung kann grundsätzlich auch schriftliche Arbeitsverträge ändern.
Nur wenn in den Dienstverträgen des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V. eine so genannten "doppelte" Schriftformklausel enthalten ist, wonach Ergänzungen des Arbeitsvertrages der Schriftform bedürfen und eine mündliche Änderung des Schriftformerfordernisses unzulässig ist, soll eine betriebliche Übung ausgeschlossen sein (Urteil des BAG vom 24.06.2003, Aktenzeichen: 9 AZR 302/02)

Eine betriebliche Übung ist Bestandteil des Arbeitsvertrages und kann deshalb nicht durch einseitigen Widerruf oder im Rahmen des Direktionsrechts des Arbeitgebers beseitigt werden, sondern nur durch:

  • einvernehmliche Änderung oder
  • Änderungskündigung

Da es sich bei Änderungskündigungen um Kündigungen des bisherigen Dienstverhältnisses, verbunden mit der Unterbreitung eines geänderten/neuen Dienstvertrages, unter Berücksichtigung der bisheriger Dienstzeiten – und somit unter Berücksichtigung der Kündigungsfristen oder Kündigungsregelungen von Langzeitbeschäftigten Mitarbeitern im kirchlichen Dienst – handelt, sind diese Kündigungen mitbestimmungspflichtig, entsprechend der Regelungen in der MAVO für das Erzbistum Berlin.

Behandlung der Dienstregelung in der Einrichtung nach der Fusion der regionalen Verbände zum Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V.:

Aufgrund der Verschmelzung der Verbände sind die Regelungen des § 613a BGB bzw. die  diesbezügliche Rechtsprechung zu beachten. Die Dienstregelung spricht ausdrücklich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Caritasverbandes für das Erzbistum Berlin e.V. an, somit sind seit dem Zeitpunkt der Verschmelzung alle Mitarbeiter – unabhängig vom Erfüllungsort der vertraglich vereinbarten Leistung – von der benannten Dienstregelung betroffen.    

Fall 2.

Zuerst jedoch beantworte ich Ihnen die gestellte Frage.

Eine Freistellung von der Arbeit am Fronleichnamstag für die Beschäftigten die der AVR unterstehen bzw. einen Verweis im Arbeitsvertrag zu den AVR haben, ist geregelt:

Für MitarbeiterInnen in katholischen Krankenhäusern und Krankenheimen im Land Berlin. Die Regelung für diese Mitarbeiter erfolgt auf der Grundlage der Sonderregelung für den Bereich des Landes Berlin (SR Berlin) zu den Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes (AVR), Stand 01.10.1997. 
Für MitarbeiterInnen des Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. aufgrund einer Dienstvereinbarung vom 18.09.1997.

Für Mitarbeiter des verfasst-kirchlichen Bereiches (DVO) ist die Rechtsgrundlage für den arbeitsfreien Fronleichnam, die Erklärung des Erzbischöflichen Ordinariates, Amtsblatt 1 Januar 1996, mit Verweis auf die Partikularnorm Nr. 15 der Deutschen Bischofskonferenz zu c. 1246 § 2 CIC Feiertagsregelung (Kirchlich gebotene Feiertage).

Für alle anderen kirchlichen Mitarbeiter ist der Fronleichnamstag ein Arbeitstag. Es sei denn, auch in anderen Einrichtungen wurde durch Dienstvereinbarung etwas anderes geregelt oder aber die Einrichtungsleitungen haben gegenüber den Mitarbeitern schriftlich erklärt, dass sie ähnlich, wie der Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. verfahren werden (z.B.: die Caritas Altenhilfe gGmbH).

Einrichtungen – wie die Ihrige – in denen der Fronleichnamstag ohne rechtliche Grundlage über einige – mindestens drei – Jahre ohne eine Erklärung des Dienstgebers, dass es sich bei der Befreiung von der Arbeitspflicht am Fronleichnamstag um eine jederzeit widerrufbare freiwillige Leistung handelt, hat der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf den bezahlten freien Arbeitstag.

Die Veränderung dieser Leistung ist nur durch Änderungskündigung in jedem Arbeitsvertrag möglich. Es gelten dann die üblichen Zustimmungsregelungen nach MAVO wie bei jeder anderen Kündigung auch. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit der einzelnen Arbeitnehmer die Änderungskündigung durch das Arbeitsgericht prüfen zu lassen.    



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