Arbeitsausfall aufgrund Bombenentschärfung & bezahlter Urlaub! In dieser Woche konnten die Mitarbeiter unserer Einrichtung aufgrund einer Bombenentschärfung nicht an ihren Arbeitsplatz. Die Einrichtungsleitung erwartet von allen Mitarbeitern, dass diese sich für diesen Tag des Arbeitsausfalles einen Urlaubstag anrechnen lassen oder dass die Arbeitsstunden laut Dienstplan mit erbrachten Überstunden ausgeglichen werden. Kann der Dienstgeber dies verlangen?
Die Rechtsgrundlage zur Behandlung dieser Frage findet sich im § 615 BGB „Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko“.
Ihr Dienstgeber befand sich am 2. März 2007 im Annahmeverzug der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung aller für diesen Tag – entsprechend dem Dienstplan – arbeitsbereiten Mitarbeiter. Entsprechend der allgem. Rechtsprechung bezüglich § 615 BGB trägt das Betriebsrisiko der Arbeitgeber.
Beim Betriebsrisiko geht es um die Frage, ob der Arbeitgeber den Beschäftigten Lohn zahlen muss, wenn er ohne eigenes Verschulden die Belegschaft aus betriebstechnischen Gründen nicht beschäftigten kann (z.B.: BAG 22.12.1980 AP GG Art.9 Arbeitskampf Nr.: 70), etwa bei Naturkatastrophen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (BAG) gehören hierzu einerseits Störungen, die auf ein Versagen der sachlichen oder persönlichen Mittel des Betriebes beruhen, z.B. Ausfall der Heizung, andererseits aber auch äußere Einwirkungen, die für den Arbeitgeber "höhere Gewalt" darstellen, z.B. bei Katastrophen.
Auch wenn der Betrieb aus rechtlichen Gründen vorübergehend stillgelegt werden muss, z.B. weil eine Behörde den Betrieb schließt oder – wie in Ihrem Fall – der Betrieb evakuiert bzw. zum Sperrgebiet erklärt wird, trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko.
Mit der vorgesehenen Verrechnung des arbeitsfreien Tages in Form von Urlaub – bedingt durch die Bombenentschärfung im unmittelbaren Bereich des Erfüllungsortes – erfolgt eine Abwälzung des im § 615 BGB benannten Betriebsrisikos einseitig auf den Arbeitnehmer.
Des Weiteren besteht darüber hinaus ein Anspruch des Arbeitnehmers, seinen Urlaub rechtzeitig zu planen.
Für den Fall, dass der gesamte Jahresurlaub bereits vom Arbeitnehmer ge- und verplant ist, käme es im Fall des unvorhersehbaren Urlaubszwanges zu einer Arbeitsbefreiung ohne Zahlung von Urlaubsentgelt und somit wiederum zu einer Abwälzung des Betriebsrisikos auf den Arbeitnehmer.
Ähnlich ist auch die Verrechnung durch Überstunden oder mit Minusstunden aufgrund eines Arbeitszeitkontos.
Aus den benannten Gründen ergibt sich für mich die Entscheidung, dass eine Verrechnung des Arbeitsausfalles vom …….. bedingt durch die Sperrung des Erfüllungsortes eine Abwälzung des Betriebsrisikos auf den Arbeitnehmer bedeutet. Darüber hinaus kam die Sperrung nicht überraschend sondern mit einer Vorlauffrist. Der Dienstgeber hatte somit Zeit auf das Betriebsrisiko zu reagieren indem er den Erfüllungsort an diesem Tag an einen anderen Ort verlegt (Weiterbildung, Betriebsausflug usw.).
Im Falle des Vollzuges der Anrechnung von Urlaub oder Überstunden durch den Dienstgeber rate ich Ihnen, dass die betroffenen Mitarbeiter eine Leistungsforderung unter Berücksichtigung der Ausschlussfrist von 6 Monaten gegenüber dem Dienstgeber erklären. In letzter Konsequenz hilft nur der Weg zum Arbeitsgericht.
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